Wer wird Millionär?

„Diese Antwort ist richtig! Jetzt sind sie nur noch sechs Fragen von der Million entfernt. Haben sie denn schon eine Vorstellung, was sie mit dem Geld machen würden?“
„Na erstma gibt’s ’ne große Party mit Nutten und Koks und so, Schampus und alles. Da lad ich ma alle Freunde ein, oder wer halt so kommt. Dann kauf ich mir ’n Cabrio und fahr an die Côte d’Azure, kauf mir ’n Pelz und adoptier zwei Afrikaner. Aber konkrete Pläne hab ich noch nicht, wahrscheinlich mach ich in Aktien.“
„Na das nenn ich doch mal eine lebensbejahende Einstellung junger Mann: immer raus mit den Moneten, was kostet die Welt? Wer spart der rostet.“
„Wissen se, studiern wollt ich vielleicht schon noch nebenher, man lernt ja fürs Leben und ein Hobby braucht der Mensch.“ (Süffisantes Kopfnicken seitens des Moderators: Herr Günther Güll, wieder hübsch im Anzug und eloquent wie immer.)
„Natürlich würd ich nicht mehr mit der Straßenbahn zur Uni fahren. Ich könnt mir ’nen Platz in ’ner Tiefgarage mieten und dann würd ich ganz lässig immer mit dem Auto reinfahren, im Benz oder so, oder was Englisches: Jaguar, oder Bentley, na ich weiß noch nicht, schwere Entscheidung.“ (Herr Güll neigt dazu, zu unterbrechen.)
„Obwohl früh is immer Stau… Na, aber besser als in der Kälte zur Haltestelle latschen. Andererseits, wenn ich schon Kohle hab, könnt ich ja sowieso umziehen, ich mein raus aus der Platte. Die Frau, die über mir wohnt, raucht wie ein Schlot, das zieht über die Lüftung rein, hab ich gar kein Bedürfnis mehr selber zu rauchen so ekelhaft stinkt das. Und dann Wäsche aufhängen im Keller: hängt da drei Tage und wird nich trocken und alle könn’ deine Buchsen angucken.“
„Ja, das Studentenleben…“ (Dieser Versuch den Redeschwall des Kandidaten, der kurz vor der Beantwortung der 16 000 Euro- Frage steht, mit einer Bemerkung zu unterbrechen, die ihm selbst ein, durch nostalgische Gefühle evoziertes, kümmerliches Lächeln abringt, verläuft im Sand.)
„Nicht das ich irgendwie was Extravagantes tragen würd, aber is ja trotzdem privat, oder nicht?! Fühlt man sich schon irgendwie peinlich berührt, und dann die Riesenschlüpfer von der Oma mit dem Hund! Gibt ja generell viele davon hier, haben ja sonst nichts mehr die alten Leute, aber sich Bücken um die Häufchen wegzumachen könn’ se auch nicht mehr. Ich mag auch Hunde gar nicht so, kläffen immer nur rum und pissen an jede Ecke.“
Herr Güll: (zu sich selbst: was soll das denn? Immer locker vom Hocker, haben nicht ewig Zeit, zehn Sekunden Werbung zwischen acht und neun abends am Wochenende kosten
22 000 Euro, nächste Frage, nächste Frage!) „Gut, kommen wir zur nächsten…“
Kandidat: (in Gedanken) „Tja, wo würd ich denn hin ziehen? Kernberge, da is ganz schön, aber ziemlich abgelegen und schlechte Straßen. Na ja, könnt mir ja ein Jeep kaufen. Der neue BMW X5 is ganz hübsch, aber ich hätte gern was bisschen exotischeres, vielleicht ’n Lexus. Na so richtig gefällt der mir auch nicht. Cayenne oder Touareg oder Land Rover, stehn mir alle nicht so richtig. Dann halt ins Damenviertel, schöne Altbauwohnung, Maisonette, am besten keine Nachbarn. Na obwohl: Nachbarn brauch man schon, um mal nen Schlüssel zu hinterlegen, wenn man ihn selber vergessen hat oder wenn mal ein Handwerker kommt und man is selbst nicht da. (Herr Güll entnervt, bekommt Anweisung von Regie: nächste Frage, nächste Frage!) Pakete kommen ja auch meistens vormittags, dann bin ich nicht zu Haus. Jemand muss ja auch die Blumen gießen, wenn ich im Urlaub bin. Und in Urlaub werd ich jetzt bestimmt öfter fahren, wenn ich so viel Geld hab. Nach Afrika und auf die Malediven und Kuba und Holland und Thailand und Australien und Neuseeland und Sansibar und Indien, da weiß man ja gar nicht wo’s zuerst hingehen soll!“
Herr Güll: „So, die Zeit drängt, kommen wir zur nächsten Frage:
Welche beiden deutschen Politiker waren maßgeblich an der deutschen Wiedervereinigung beteiligt?
A: Kraut und Rübm
B: Kohl und Blüm
C: Rettich und Grün
D: Rabi und Kühn“
Kandidat: „Oh, da bin ich überfragt! Also Rettich und Grün würd ich ausschließen, die Grünen gabs damals noch gar nicht. Rabi und Kühn würde ich jetzt mal, wenn ich mich auf mein Gefühl verlass auch ausschließen, Rabi klingt so jüdisch. Kohl und Blüm: na ja, hab ich schon mal gehört, aber… hm…irgendwie in ’nem anderen Zusammenhang. Also ich nehm Kraut und Rübm. Oder…? Ach ich weiß nicht! Na doch.“
„Ist das ihre Antwort? Soll ich A einloggen?“ (Schadenfroh ist er, der Herr Güll!)
„Ja, das nehm ich.“
„Oh, leider falsch.“